Neue Fundstellen im römischen Moers-Asberg

von Günter Krause, Duisburg

1. Siedlungsreste des 2. Jahrhunderts n. Chr. von der Römerstraße

Als erstes fiel im Mai 1977 eine große Baustelle von 1800 qm an der Römerstraße auf. Es war ein günstiger Augenblick für Beobachtungen, denn der Humus war bereits abgeschoben, aber die Bauarbeiten selber hatten noch nicht begonnen. Ohne große Mühe ließen sich in der Baugrube zahlreiche römische Scherben sammeln, die nach ihrer Form ins zweite bis dritte Jahrhundert gehören.

Rund 100 m entfernt waren bereits 1973 bei Bauarbeiten römische Gräber aus dem Anfang des 4. Jahrhunderts zum Vorschein gekommen. Es war nun die Frage, stammen die Scherben aus bereits zerstörten Gräbern des gleichen, bis hierher sich fortsetzenden Friedhofes, oder sind es Reste der römischen Siedlung, die sich unschwer bis in diesen Bereich erstreckt haben konnte?

Am gleichen Tage noch wurde Kontakt mit dem Bauherrn aufgenommen. Es ergab sich, dass dieser nichts gegen eine archäologische Untersuchung einzuwenden hatte und auch noch genug Zeit vorhanden war, die durch die Scherbenfunde aufgeworfenen Probleme zu klären. Schon am nächsten Sonnabendnachmittag begann die Arbeit mit insgesamt 6 Teilnehmern.

2. Untersuchung der Baugrube

Zuerst wurde die ganze Baugrube systematisch abgesucht. Es zeigte sich, dass die Scherben sich über den ganzen Bereich der Baugrube verteilten und demnach  die ganze Fläche in römischer Zeit in Benutzung gewesen sein mußte. Ihre Beschaffenheit ließ sich durch drei Suchschnitte von insgesamt 38 m2 näher bestimmen, die an verschiedenen Stellen der Baugrube angelegt wurden.

Sie erbrachten jeweils einen ähnlichen Befund. Unter dem Humus fanden sich neuzeitliche Scherben, vermischt mit einzelnen mittelalterlicher Herkunft,  während die Masse in die römische Zeit gehörte. Etwas tiefer fand sich nur noch römische Keramik. Zahlreich vorhandene Ziegelbruchstücke und Reste von Schieferplatten machten bald deutlich, dass man sich im Bereich der römischen Siedlung befand.

Die Siedlungsreste hatten eine Mächtigkeit von 20-30 cm, und es zeigte sich, daß der erste Eindruck richtig war und auch diese Funde ins 2. Jahrhundert nach Chr. gehörten. Neben zahlreichen Scherben wurden mehrere Münzen entdeckt. Fast noch aus dem Humus kam ein Silbergroschen aus dem Jahre 1860, während aus dem römischen Schichtenbereich zwei Bronzemünzen geborgen werden konnten. Die besser erhaltene ließ sich unschwer dem römischen Kaiser Lucius Verus zuweisen. Sie wurde im Jahre 163/164 in Rom geprägt (Bestimmung von Dr. T. Bechert, Niederrhein. Museum). 

Damit bestätigt sich die bereits der römischen Keramik gewonnene Datierung aufs beste. Die Entdeckung eines kleinen, durch Feuereinwirkung stark beschädigten Feuersteinbeiles im Bereich der römischen Siedlungsschicht erschien zuerst mehr als Kuriosität als ein echter Bodenfund. War es zufällig in die römische Siedlung gelangt? Als die Arbeit im gleichen Schnitt weitergeführt wurde, kamen einige unscheinbare handgemachte Scherben hervor, die eindeutig in die jüngere Steinzeit (um 2000 v. Chr.) gehören. Damit war gesichert, dass das Steinbeil kein Zufallsfund ist und an der gleichen Stelle schon 2000 Jahre zuvor eine Siedlung bestanden hatte.

Mit der Klärung des Fundzusammenhangs der römischen Scherben und des Steinbeils fanden die Untersuchungen der Arbeitsgemeinschaft im Gelände ihren Abschluß. Man hätte zwar gerne mehr über die römische wie auch steinzeitliche Besiedlung erfahren, eine größere Grabung lag aber außerhalb der Möglichkeiten aller Teilnehmer.

Kann man die Untersuchungen in dieser Baugrube nicht gerade als ,,spektakulär“ bezeichnen, so haben sie die Kenntnisse über das römische Asberg erweitert und zum ersten Male Reste steinzeitlicher Besiedlung von diesem Fundplatz erbracht.

Steinbeil und Keramik Asciburgium
Feuersteinbeil und gefäßscherbe (um 2000 v. Chr.) aus Asberg. M. 1 : 1

3. Funde des 1. nachchristlichen Jahrhunderts aus einer Baugrube an der Römerstraße 289

Diese Fundstelle liegt nicht weit von den Ausgrabungen T. Becherts im Friedhof des 1. Jahrhunterts n. Chr. entfernt und dürfte zum Bereich des Lagerdorfes gehören. Bei einem Besuch der Baugrube Ende Mai 1977 ließen sich im Aushub Reste von Ziegeln, Schieferbruchstücke und Keramik feststellen (darunter Terra sigillata und Terra nigra). In den Profilen der Baugrube hatte das römische Schichtpaket eine Mächtigkeit von über 1,60 m. Eine erste Bestimmung der Keramik ergab, dass sie um die Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. zu datieren ist.

4. Zerstörte Gräber aus einer Baugrube an der Hochemmericher Straße / Ecke Trometer Straße

Am 12. Juni entdeckten Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft im Aushub einer Baugrube römische Scherben vermischt mit Branderde und Holzkohleresten. Im Nordprofil der Baugrube stieß man bald auf eine schwarze Verfärbung – mit Brandresten durchsetzt – in der sich ein ganz erhaltener gefirnister Teller und zahlreiche weitere zerbrochene Teller der gleichen Art, Reste einer Bilderschüssel und Scherben weiterer Gefäße, Eisennägel und der Kopf einer Bronzenadel fanden. Nach den Brandresten und dem Zustand der Keramik, die bis auf den vollständigen Teller im Feuer gelegen hatte, wurde deutlich, dass es sich um ein zerstörtes Grab handeln mußte. Nach ihrer Art lassen sich die Funde ins Ende des 2./Anfang des 3. Jahrhunderts datieren.

Mitten in der Südwand der Baugrube waren weitere fest verbackene Scherben zu erkennen. Auch sie gehören zu einer durch die Bauarbeiten gestörten Grube. Im Gegensatz zum obigen Befund waren hier aber keine Brandreste festzustellen, doch wiesen die Scherben deutliche Brandspuren auf. 

Der Inhalt der Grube besteht aus zahlreichen Gefäßen. Neben Resten von zwei Amphoren sind es zwei weißtonige Krüge, mehrere Teller mit Firnisüberzug, eine Terra-sigillata-Reibschüssel mit Barbotineverzierung und zwei Terra-sigillata-Teller. Ganz ungewöhnlich sind die Scherben von über 6 mit Weißbarbotine verzierten Terra-sigillata-Gefäßen. Es sind Reste von Trinkbechern und Kantharoi auf hohen Füßen mit Ranken-Trauben- und Blütenmustern.

Nach ihrer Form und Dekor sind sie eindeutig in Rheinzabern (Rheinpfalz) hergstellt und dürften in den Anfang des Jahrhunderts gehören. Vergleichbar verzierte Keramik ist bisher aber äußerst selten. Die Brandspuren an diesen Scherben deuten darauf hin, das auch diese im Zusammenhang mit Bestattungen sehen sind.

Die Beobachtungen der archäologischen Arbeitsgemeinschaft, angeregt durch einen zufälligen Besuch in Asberg, konnten wenigstens einige Anhaltspunkte zur Ausdehnung der Siedlung und Gräberfelder festhalten. Besonders Funde aus dem 3. Jahrhundert waren hisher spärlich belegt.

Römische Terra sigillata aus Asciburgium
Römische Terra sigillata mit Weißbarbotineverierung aus Asberg (3. Jahrh. n. Chr. )